750 Jahre Neuses - Neuses

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750 Jahre Neuses

Ortschronik

ALFRED STEINHEIMER
750 Jahre Neuses
Orginalquelle:  Heimatblätter

Der Ortsteil Neuses unserer Marktgemeinde Roßtal feiert im Juli 1996 seine erste Erwähnung, die vor 750 Jahren mit einer Urkunde im Jahre 1246 geschah.In diesem Schriftstück ist festgehalten, daß der Burggraf von Nürnberg, Konrad I. dem Kloster Heilsbronn Teile seines Besitzes im Orte „Nivseze“, im „neuen Sitz“ oder, wie sich der Ortsname sprachlich weiter entwickelte, in Neuses verkaufte. Der Ort ist sicher wesentlich älter, und Roland Kühn hat anläßlich des 110. Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Neuses-Stöckach im Juni 1993 in einer Festschrift die Geschichte des Ortes beschrieben. Im Archiv der Evang.-Luth. Pfarrei Roßtal sind, da im 30jährigen Krieg viele Unterlagen verloren gingen, nur einige Anmerkungen erhalten, die das bisher auf gezeigte geschichtliche Bild dieses Ortsteiles noch erweitern könnten. Einem der letzten katholischen Pfarrer vor der Reformation, Johann Neff, der in Roßtal von 1469 an wirkte, am 4. November 1512 starb und in der Laurentiuskirche seine letzte Ruhestätte fand, verdanken wir einige Hinweise. Er fertigte im Jahre 1482 eine Aufstellung über den Zehnt der Pfarrei Roßtal und nennt unter den 17 in seinem Verzeichnis aufgeführten Ortschaften, es waren bis zur Reformation allerdings 34, auch die Zehntpflichtigen des Ortes Neuses. (Das Verzeichnis wurde Jahre später ergänzt und nach der Reformation von den nachfolgenden Pfarrern weitergeführt.) Unter der Jahreszahl 1482 und dem Orte Neuses vermerkte der genannte Pfarrer: „Daselbst hat der Pfarrer den kleinen Zehnt und wird gemeindlich zu gemeinen Jahren um 4 Simra verliehen.“ (Simra war ein Hohlmaß für die Körnerfrüchte, unterschiedlich z. B. für Korn 316 Liter und für Hafer 592 Liter fassend.)

Er fährt in seiner Aufzeichnung fort und nennt dabei einige Namen von Neuseser Bauern: „Deß Lebenders und Eberleins Häußer geben dem Vicario (Ortspfarrer) den Haus-Zehenden. Eberlein hat ein Tagwerk Wiesen neben seinem Hof von derselben gibt er dem Vicario den Heu-Zehenden. Er hat auch eine Wiesen anderhalb Tagwerk bei der Ammerndorfer Brücken, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden. Item Lebender hat auch eine Wiesen neben der obengenannten, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden. Desgleichen Hans Siebentritt hat auch ein Tagwerk Wiesen hinter der Flühl, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden“. In einem Vermerk über einen Streitfall aus dem Jahre 1547, der wegen eines Gotteshauslehens entstand und in Nürnberg beigelegt wurde, wird unter den Heiligenpfleger ein Veit Reuther von Neuses genannt. Eine Notiz, ohne Angabe einer Jahreszahl, wohl aber erst nach dem 30jährigen Krieg gefertigt, benennt einen Hans Burck aus Clarsbach, der „...ein Morgen Feld im Neuseser Feld hat, das an Six Streit, an den Graben daran die Kießer stoßen und Georg Castner, der Müller zu Neuses und an die Landstraßen nach Nürnberg; das sei ein Zehnt der Leonrod“. Der Zehnt, eine Ernte- und Ertragssteuer in Höhe von 10 % des Bruttoernteertrages, den die Bauern im Mittelalter und weit in die Neuzeit reichend zu leisten hatten, stammt etwa aus dem 8. Jahrhundert und sollte ursprünglich die Besoldung des Pfarrers sicherstellen. Erst später wurde unterschieden nach einem „großen Zehnt“, nach einem „kleinen Zehnt“ und nach einem „lebendigen oder blutigen oder Haus-Zehnt“. Der große Zehnt umfaßte die Abgabe von Korn, Weizen, Hafer und Gerste, der kleine Zehnt die Abgaben von Erbsen, Linsen, Wicken, Buchweizen, Hirse, Kraut, Rüben, Zwiebeln, Flachs, Hanf, Stroh und Heu und der blutige Zehnt war meist die Abgabe einer Summe Geldes für die Tiere, die auf dem Hof gehalten wurden. Dem Ortspfarrer oder Vicario, wie im Zehntregister des Johann Neff genannt, verblieb meist nur der Kleine Zehnt und der Haus- oder blutige Zehnt, während der große Zehnt z. B. durch Verpfändung an Personen außerhalb der Kirche gelangen konnte, die dann allerdings auch die Baulasten an den Kirchengebäuden tragen mußten. So heißt es auch in einer „Ämterbeschreibung“ von 1710 über Neuses: „Die Untertanen sind nach Roßtal gepfarrt und geben den Zehnten dem Herrn von Leonrod“. In der Zeit während des 30jährigen Krieges und in den unruhigen Jahren danach sind eine Reihe von Grundstücken aus dem „Heiligengut“ der Pfarrei in andere Hände übergegangen.

Diejenigen, die die Felder und Wiesen bearbeitet hatten, waren verstorben oder in den Kriegswirren umgekommen, die Dörfer entvölkert und die Überlebenden übernahmen die Grundstücke und nicht wenige davon wurden später im Erbgang aufgeteilt und vergeben. Wie aus den Eintragungen nach den Jahren des 30jährigen Krieges ersichtlich, hat die markgräfliche Verwaltung den Zehnt mehrfach an sich gezogen und die ehemaligen Besitzer, z. B. die Pfarrei, mußte sich der Macht beugen. Eine Wiederherstellung des Pfarreigentums war offensichtlich auch noch lange nach dem Ende des Krieges, der im Unglücksjahr 1632 in der Pfarrei Roßtal 632 Menschen das Leben kostete, ein vergebliches Bemühen der Pfarrer. Pfarrer Johann Heinrich Schülin, Pfarrer in Roßtal von 1731–1734, schreibt am 7. November 1731: „...während des 30jährigen Krieges ist unstreitig vieles verlorengegangen und kann nicht mehr ausgemittelt werden.“ Ein bayerisches Gesetz vom 4. Juni 1848 hob den Zehnt auf. Er wurde in einem Bodenzins umgewandelt, der in Geld zu zahlen war. Die Grundabgaben konnten teilweise durch Barzahlung des achtzehnfachen Jahresbetrages abgelöst werden, wobei der Staat mit der Herausgabe von Schuldbriefen von 4 % diese Ablösung erleichterte. Mit diesem Gesetz wurde auch die Standes- und Gutsherrschaftliche Gerichts- und Polizeigewalt zugunsten des Staates aufgehoben.


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